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AutorenbildMadeleineUndMartin

Temporäres Wohnen

Aktualisiert: 29. März

Montag


Wir haben es ja bereits in diesem Blog berichtet: Die griechische Stromgesellschaft ΔΕΗ hat uns bereits vor einigen Monaten den Strom gewissermaßen bis vor die Haustür geliefert, aber eben nur bis ein paar Meter davor. Jetzt fehlt noch ein Anschluss zu dem auf Geheiß der Stromgesellschaft von uns errichteten Betonhäuschen, von dem aus die Leitungen auf unser Grundstück gehen. Wir warten schon eine ganze Weile darauf, dass ΔΕΗ diese letzten paar Meter Stromkabel auch noch verlegt, aber es geht ja gar nicht nur um diese letzten Meter Stromkabel, hören wir von ΔΕΗ, es geht darum, dass Stromzähler immer noch nicht vorrätig sind, dass Arbeitskräfte fehlen, dass vor lauter Krisen auch das Material ausgegangen ist: Da können wir also möglicherweise noch lange warten – sagt ΔΕΗ zu unserem Bau-Chef Vasilis, wenn Vasilis bei ΔΕΗ anruft, das macht Vasilis täglich zwischen 7 und 7:30 Uhr, danach ist ΔΕΗ nicht mehr zu erreichen, vermutlich, weil alle verbliebenen Arbeitskräfte auf der Suche nach Material sind oder an Stromzählern basteln.



Dienstag


Die Photovoltaik-Panels unserer eigenen Anlage wurden inzwischen von der von uns engagierten privaten Firma auf eine Stahlkonstruktion gesetzt, so dass zugleich ein Sonnenschutz für die darunter parkenden Autos unserer Gäste entsteht. Das ging ziemlich flott: Nach zwei Tagen war die gesamte Anlage fertig – bis auf den Anschluss an das ΔΕΗ-Netz, in das der „überschüssige“ von unserer Anlage produzierte Strom eingespeist werden soll.


Nun stehen bzw. liegen da also die Photovoltaik-Panels auf der schicken Stahlkonstruktion, und unsere Bauarbeiter befürchten, dass die Panels möglicherweise gestohlen werden könnten, wenn die da so unbewacht, unangeschlossen und noch unumzäunt am Rande unserer „Kleinen Welt“ liegen. Wir haben zwar grundsätzlich eine bessere Meinung von den Griechen als die Griechen sie von ihren eigenen Landsleuten haben und gewichten die Gefahr nicht so stark, aber natürlich wollen wir uns auch auf die Ratschläge der Fachleute hier verlassen: Also soll die Anlage bewacht werden in der Nacht.

Jemand schlägt vor, einen Bauarbeiter zu engagieren, der wegen Corona (symptomfrei, aber positiv getestet) nicht tagsüber arbeiten darf und nachts nicht nach Hause soll, um seine Familie nicht anzustecken – aber die Idee wird dann doch verworfen. Die ersten drei Nächte schiebt erst einmal ein coronafreier Bauarbeiter Wache, das ist aber keine Dauerlösung.

Wir fragen mal bei Wohnmobilvermietungen auf Kreta nach: Eigentlich müssten wir doch ideale Kunden sein, wenn wir ein Wohnmobil mieten, das garantiert nicht gefahren wird – da hoffen wir natürlich auf Sonderkonditionen. Das sieht der freundliche Vermieter in Heraklion grundsätzlich auch so, aber die Wohnmobile sind in der Vor-Osterzeit auf Kreta offenbar gut gebucht, und die Sonderkonditionen sind nicht ganz so großartig, wie wir sie uns gewünscht haben.

Früher haben wir ja gerne gezeltet. Inzwischen ist das Wetter hier auch campinggeeignet, es regnet nicht mehr, tagsüber wird zuverlässig die 20-Grad-Grenze überschritten und die Nächte sind nicht mehr allzu frisch. Also beschließen wir, ein Zelt neben der Photovoltaik-Anlage aufzustellen und die ganze Baustelle von dort nachts zu überwachen.



Donnerstag


Unser altes Wanderzelt ist uns zu klein, aber in Heraklion erstehen wir ein neues Zelt, das sogar den Namen „Hauszelt“ trägt und somit ein Raumgefühl suggeriert, dass ich mir in meinem fortgeschrittenen Alter für Camping wünsche. Wir kaufen gleich noch zwei Campingstühle dazu, allerhand lustige Solarleuchten, ein paar Anti-Mücken-Kerzen, stellen eine Kabelrolle als Campingtisch auf, da sind wir schon mal gut ausgerüstet. Und Madeleine

bereitet den Boden für den Aufbau des Zeltes vor, damit wir möglichst auf einer geraden Ebene schlafen.


Überraschenderweise kündigt uns unserer Bau-Ing., Bau-Leiter, Bau-Koordinator Vasilis an, dass die Stromgesellschaft ΔΕΗ doch nicht erst in einem halben Jahr möglicherweise die letzten Stromkabel verlegt, sondern sozusagen jetzt gleich, am nachsten Morgen, 8 Uhr. Es gibt Andeutungen, dass da von allen Seiten Druck auf ΔΕΗ ausgeübt worden sei, möglicherweise auch außerhalb der ΔΕΗ-Kundendienst-Zeit von 7:00 bis 7:30 Uhr, wahrscheinlich auch nicht nur von Vasilis, sondern auch von anderen Leuten, wir nehmen an, sogar die Gemeinde Faistos hat sich da engagiert, denn wir bauen hier ja schließlich nicht nur ein privates Ferienhaus, das 48 Wochen im Jahr leer steht, sondern eine Ganzjahreshotelseminarresortanlage, von der auch die Gemeinde Faistos ein bisschen profitiert.



Freitag

Tatsächlich erscheinen die ΔΕΗ-Leute am frühen Morgen, erklettern Strommasten, legen Leitungen in unser Betonhäuschen, schließen sogar einen Stromzähler an – und wir malen uns schon aus, dass wir bald sozusagen mit unserem selbsterzeugten Strom die Sauna anheizen können, wenn uns bei unserem Nachtcamping zu kalt wird, aber dazu muss natürlich auch Strom von ΔΕΗ durch die Leitungen geschickt werden, das kann natürlich noch eine Weile dauern.

Das neue „Hauszelt“ überrascht uns, weil es sich sozusagen auf Knopfdruck automatisch selbst aufbaut, seit unserem letzten Zeltkauf vor knapp 20 Jahren hat sich offenbar auch die Zelttechnik erheblich verbessert. Die Bezeichnung „Hauszelt“ erscheint uns übertrieben, die Maße sind bescheiden.


Wir rüsten uns unter anderem mit Wein, Bier, Tsikoudia, Bratwürsten aller Art, Salat, Wurst, Käse, Brot aus, bereiten Hack- und Zucchini-Bällchen vor – das alles natürlich nicht nur für uns: Freunde und Bekannte hier in der Gegend sind informiert, dass wir ab Freitag auf unserem Grundstück zelten, um die Photovoltaik-Anlage zu bewachen, da rechnen wir natürlich mit viel Besuch und Gesellschaft hoffentlich bis tief in die Nacht.


Samstag

Die erste Nacht kommt noch niemand von unseren Bekannten und Freunden zu Besuch, aber wir erhalten Textnachrichten von unseren Nachbarn aus den umliegenden Dörfern, in denen sie uns mitteilen, dass sie unsere Lichter sehen, da fühlen wir uns gleich von der Ferne aus gut behütet. Wir haben also mit unseren drei Katzen einen gemütlichen Abend hinter uns gebracht, ein kleines Festessen für uns veranstaltet, dann noch lange am Feuer gesessen und in die Gegend gesehen und das Hiersein genossen. Die erste Nacht in der „Kleinen Welt“ haben wir niemanden daran hindern müssen, illegal unsere Photovoltaik-Anlage wieder abzubauen, wir haben prächtig geschlafen, sind von einem Vogelkonzert vor Sonnenaufgang geweckt worden: Und allen zukünftigen Gästen sei gesagt, dass das schon jetzt ein ganz wundervoller Platz hier zum Sein ist, sogar im Zelt in den Aprilnächten Südkretas – wie soll das erst werden, wenn man einen ganzen Bungalows in so einer Nacht in dieser Landschaft für sich hat.





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